218203. Schiedsrichter schrieb am 06.12.2018 um 11:55 Uhr
Schöner Text heute vom Energie-Museum zu Niiils 30.
Da ich mich mit Facebook verlinken zu doof anstelle, kopier ich den mal rein und hoffe das ist okay:
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Wenn man über Werte im Fußball spricht, fällt oftmals das Wort "Identifikation". Spieler, die sich mit ihren Vereinen identifizieren, deren Werte sie auch nach außen hin vertreten und sich für das große Ganze im Vereinsleben interessieren und dafür einstehen. Auf Grund der vielen Transfers die heutzutage getätigt werden, ist diese Form des Zugehörigkeitsgefühls bei vielen Profis leider abhanden gekommen. Doch es gibt sie noch, die Fußballer die sich selbst nach einem Wechsel noch für die Belange ihres alten Arbeitgebers interessieren und den Weg aufmerksam weiterverfolgen. Nils Petersen ist so eine Identifikationsfigur. Der Wernigeroder kam Anfang 2009 zum FCE und entwickelte sich vom Amateurspieler zum gestandenen Zweitligakicker. Dabei überzeugte er vor allem durch seinen unglaublichen Torriecher, der die Energiefans nach dem Bundesligaabstieg wieder von Höherem träumen ließ. Wir reden dabei gar nicht nur über 35 Zweitligatore in zwei Jahren, nicht nur über den Torschützenkönig der Saison 2010/11, auch nicht über die großartigen Offensivspektakel, die Nils gemeinsam mit Emil Jula oder Jiayi Shao auf den Rasen brachte. Nils Petersen hat sich vor allem auch menschlich immer wieder als sehr ehrlicher, authentischer und sehr treuer Zeitgenosse gezeigt, dem es eben nicht egal war, was nach seinem Abschied aus Cottbus mit dem Verein passierte, der auch hinterher immer wieder zum besten gab, wie sehr er diese Stadt, die Fans und vor allem diesen Verein liebt, und wie sehr er immer noch mitfiebert. Anlässlich seines runden 30. Geburtstages lassen wir heute noch einmal Nils Petersens bisherige Karriere Revue passieren.
Nils Petersen wurde 1988 in Wernigerode im Harz geboren. In seiner Jugend wurde Petersen in seinem Geburtsort beim FC Einheit Wernigerode von 1993 bis 2001 und danach in Halberstadt beim VfB Germania fußballerisch ausgebildet. Später besuchte er das Sportgymnasium in Jena, wechselte dementsprechend Anfang 2005 zum FC Carl Zeiss Jena und setzte seinen Weg in der dortigen Jugend fort. 2007 rückte Petersen bei den Thüringern in die erste Mannschaft auf und absolvierte in der Rückrunde 2006/07 seine ersten Spiele für Jena. In der darauffolgenden Saison stellten sich die ersten Erfolge für den jungen Stürmer ein, als dieser nicht nur 20 Spiele in der 2. Bundesliga absolvierte, sondern auch seine ersten Profiligatore schoss (insgesamt vier). Zudem spielte sich der Zweitligist auch dank eines Petersen-Tores gegen Achtelfinalist Bielefeld bis ins DFB-Pokalhalbfinale gegen Borussia Dortmund, wo man jedoch den Borussen unterlag. Nachdem Jena in der Liga nicht zu überzeugen wusste, musste der Club am Saisonende den Abstieg hinnehmen. Petersen absolvierte noch 17 Drittligaspiele, konnte dabei jedoch keinen Treffer mehr markieren und wechselte schließlich im Winter 2008/09 zu Energie Cottbus.
Der perspektivisch sinnvolle Wechsel zum Noch-Bundesligisten sollte sich in der Folge für Petersen mehr als auszahlen. Anfangs sollte sich der Angreifer über die zweite Mannschaft Spielpraxis holen und für höhere Aufgaben empfehlen. Dies tat Nils in 13 Spielen für die Regionalligamannschaft des FCE und erzielte dabei fünf Tore. Als es zum Saisonende für die Profimannschaft noch mal eng wurde, wurde Petersen an den letzten beiden Spieltagen für den 18er-Kader nominiert und kam am letzten Spieltag gegen Bayer Leverkusen kurz vor Schluss noch zu einigen Einsatzminuten. Cottbus konnte sich dank eines 3:0-Sieges gegen die Bayer-Elf in die neu eingeführte Relegation retten. Im Hinspiel gegen den 1. FC Nürnberg saß Petersen dabei noch auf der Bank, im Rückspiel brachte ihn Prasnikar dann auch auf Grund der aussichtslosen Ausgangslage nach dem 0:3-Hinspiel-Desaster von Beginn an. Nach dem Abstieg der Lausitzer sollte Petersens Stern in der zweiten Liga aufgehen.
Unter dem neuen Trainer Claus-Dieter Wollitz wurde der Umbruch eingeleitet, im Zuge dessen viele bekannte deutsche Spieler verpflichtet wurden. Der Verein sorgte außerdem auch für eine Rückkehr des ehemaligen Topstürmers Sergiu Radu. Der Rumäne erhielt anfangs schon auf Grund seiner Erfahrung neben Emil Jula den Vorzug vor Nils Petersen. Nils blieb vorerst nur die Rolle des Jokers, welche er bis zum 7.Spieltag ausfüllte, anschließend jedoch mehrere Wochen wegen eines Meniskusschadens pausieren musste. Kurz vor der Winterpause erzielte Petersen in der Schneeschlacht von Ahlen beim 4:0-Auswärtserfolg in der Schlussminute nach Vorlage Julas seinen ersten Treffer für Energie. Jula und Petersen - das sollte auch zukünftig DAS Sturmduo der zweiten Liga werden. Denn schon in der Rückrunde war an Petersen kaum noch vorbeizukommen. Spätestens ab Februar 2010, nach seinem Tor in Koblenz (1:1) wusste Wollitz, dass Nils den Vorzug vor Radu bekommen musste. So traf der Angreifer noch beim 2:0-Sieg in Karlsruhe, schnürte je einen Doppelpack gegen Aachen (3:1) und Union (4:2) und sorgte mit seinem Treffer bei 1860 für einen 2:1-Auswärtssieg an Ostern. Insgesamt zehn Tore in 22 Spielen gelangen dem technisch beschlagenen und sehr schnellen Stürmer für Energie in seiner ersten Saison. Leider reichte es für Energie am Ende nur zu Platz 9, was jedoch wegen des Umbruchs und der Findungsphase nicht allzu groß verwunderte.
Besser lief es da für die Mannschaft im darauffolgenden Jahr. 2010/11 gestaltete sich das Spiel des FCE als reines Offensivfeuerwerk, an dem Nils Petersen seinen ganz großen Anteil hatte. 65 Tore erzielte die spielstarke Mannschaft von Pele Wollitz, wovon Petersen alleine mehr als ein Drittel selbst erzielte. Mit 25 Toren wurde Petersen souveräner Torschützenkönig der 2. Bundesliga und bereitete außerdem noch sieben Tore vor - Werte eines absoluten Topspielers. Die Fans liebten Nils dafür, dass er trotz seines Erfolges keine Höhenflüge bekam, stets auf dem Boden blieb und das tat, was er am besten konnte: richtig stehen und den Ball im Netz versenken. Den Torriecher den Petersen in dieser Saison an den Tag legte, war einzigartig und sicherte dem Team Sieg um Sieg. Am beeindruckensten war dabei sicherlich sein Viererpack in Paderborn, der den FCE am Ende mit 5:0 auf die Siegerstraße brachte. An jedem zweiten Tor war Nils zudem direkt beteiligt, und sorgte unter anderem mit einem Doppelpack beim Wahnsinns-5:5 gegen den Karlsruher SC für ein sensationelles Spiel. Auch in den DFB-Pokalspielen wäre ein Vordringen bis ins Halbfinale ohne Nils Petersen unmöglich gewesen. So sorgte er beispielsweise bei einem der besten Auswärtsauftritte der letzten Jahre beim 3:1-Achtelfinalsieg in Wolfsburg mit einer Gala-Vorstellung (zwei Tore und eine Vorlage) für eine Sensation. Auch im Halbfinale in Duisburg war Petersen Torschütze, konnte aber an der 1:2-Niederlage gegen den MSV nichts mehr drehen.
Natürlich weckt so eine Wahnsinnsaison Begehrlichkeiten. Petersen wurde nun von der halben Bundesliga gejagt, die sich alle die Dienste des treffsicheren, jungen, deutschen Stürmers sichern wollten. Bereits zur Winterpause hatte er das ein oder andere lukrative Angebot auf dem Tisch, denen er allesamt jedoch eine Absage erteilte, da er seine sportliche Entwicklung in Cottbus nicht mitten in der Saison unterbrechen wollte. Im Februar 2011 setzte er zudem ein Zeichen und verlängerte seinen Vertrag beim FC Energie um weitere zwei Jahre bis zum Juni 2014. Natürlich war dies auch ein Bekenntnis zum Verein, welches die Dankbarkeit und Loyalität Petersens zeigte, der nun selbst im Falle eines Wechsels Energie mit seiner Ablösesumme weiterhelfen würde. Als die ersten Gerüchte aufkamen, dass Bayern München an Nils Petersen interessiert sei, konnte der Stürmer jedoch kaum anders als dem Rekordmeister seine Zusage zu geben. Nicht unbedingt des Geldes wegen - schon allein weil die Entwicklungsmöglichkeiten beim FC Bayern ganz andere sind als in Cottbus. Petersen verabschiedete sich beim 3:1-Sieg am letzten Spieltag gegen Oberhausen noch standesgemäß mit einem Tor von den Energiefans, die ihn ohnehin schon lange ins Herz geschlossen hatten. Dem zweifachen Energiefußballer des Jahres von 2010 und 2011 wurde fünf Jahre nach seinem Wechsel zum FCB noch die Ehre zuteil, von den Fans in die Energieelf aus 50 Jahren Energie Cottbus gewählt zu werden. Ein Dankeschön der Fans, die Nils auch später nie vergessen sollte.
Eine Anekdote beweist dies sehr vortrefflich. Jupp Heynckes und die Bayernbosse luden die Neuzugänge zu einem Essen ein. Zeitgleich spielte jedoch Cottbus zum Auftakt gegen Dynamo Dresden. Nils war natürlich nach wie vor interessiert am Auftreten seiner alten Kollegen und ließ unter dem Tisch den Liveticker laufen. Als die Bayernbosse dies bemerkten, wollten sie selber wissen, wie es denn in Cottbus stünde und fragten desöfteren mal nach. Cottbus gewann mit 2:1 und Petersen hätte am liebsten selber mitgespielt, wie er später zugab. Auch weitaus später zeigte sich Petersens Verbundenheit mit Cottbus noch des öfteren. So appelierte er in der schwierigen Zeit des drohenden Abstieges per Videobotschaft an den Verein und die Fans und wünschte viel Glück im schwierigen Kampf um den Klassenverbleib. Bemerkenswert sicherlich auch, dass er Jahre nach seinem Wechsel aus Cottbus beim A-Junioren-Pokalfinale zwischen Hertha und Energie 2015 als Zuschauer im Energieblock saß. Cottbus spielt für "Peddo" auch nach wie vor eine wichtige Rolle, wie er immer wieder stets betont.
Für ihn eröffnete sich allerdings nun eine neue Welt beim FC Bayern. Zwischen den vielen Stars, Natioalspielern und Weltklassefußballern galt es sich durchzubeißen und Erfahrungen zu sammeln. Dies gestaltete sich jedoch nicht ganz so einfach. Zwar konnte er beispielsweise im Pokalzweitrundenspiel gegen Ingolstadt (6:0) zweifach treffen und wurde auch in der Bundesliga hin und wieder eingewechselt, zum Stammspieler reichte es für Petersen allerdings nicht. Zwei Bundesligatore in neun Spielen waren für ihn dennoch ein tolles Erlebnis. So traf er beim 7:0-Kantersieg über den SC Freiburg und erzielte eine Woche später als alleinige Spitze im Startelfdebüt auf Schalke den 1:0-Führungstreffer. Lediglich einen weiteren Startelfeinsatz gegen Werder Bremen konnte er für sich verbuchen. Auch drei Champions League-Einsätze gegen Manchester City (2x) und Villareal sprangen für Petersen heraus. Nach einem Jahr verließ er jedoch die Säbener Straße und versuchte sich bei Werder Bremen - vorerst auf Leihbasis, später dann als fest verpflichteter Spieler.
In Bremen bauten viele ihre Hoffnungen auf den neuen Stürmer. Werder hatte das ein oder andere Offensivproblem, welches Petersen zugute kam und er sich so schon recht früh einen Stammplatz erarbeiten konnte. Schon am zweiten Spieltag der Saison 2012/13 spielte er sich in die Herzen der Bremer Fanschar, als er beim 2:0 über den ewigen Rivalen Hamburger SV ein Tor schoss und eines vorbereitete. Der Derbyheld kämpfte sich anschließend durch die Saison, musste sich viele Bälle selber erarbeiten und litt etwas unter den spärlichen Vorlagen seiner Kollegen. Es dauerte einige Spieltage bis Petersen erneut einnetzen konnte - dann lief es allerdings besser. Insgesamt elf Tore und sechs Vorlagen waren für seine erste Saison als Stammspieler einer Bundesligamannschaft mehr als beachtlich. Auch die Fans in Bremen mochten ihren Nils und hatten Nachsicht, wenn nicht gleich alles klappte. In einer Saison, in der es für Bremen ohnehin nur um den Klassenerhalt ging, war kaum Zeit sich spielerisch zu entwickeln. Da war Fußball in erster Linie Arbeit und von Effektivität geprägt und von Resultaten abhängig. Auch 2013/14 landeten die Bremer mit Rang 9 nur im Mittelfeld und Petersen konnte in 28 Spielen nur noch sieben Mal treffen. Nachdem er 2014/15 keinen Stammplatz mehr hatte und nun auch öfter aus dem 18er-Kader gestrichen wurde, entschloss sich Petersen zu einem Winterpausenwechsel zum SC Freiburg.
Freiburg erhoffte sich durch Petersen noch einmal frischen Schwung für die Rückrunde, in der es nur darum ging, den drohenden Abstieg irgendwie noch abzuwenden. Und Petersen und Freiburg - das schien auf Anhieb zu funktionieren. Schon im ersten Spiel für die Breisgauer erzielte Petersen gleich drei Tore gegen die Frankfurter Eintracht und war der gefeierte Mann. Ein Außenbandriss stoppte ihn und seine neu entfachte Aufbruchstimmung dann jedoch für einige Wochen. Erst am 26. Spieltag kam er zurück aufs Feld und schoss die Freiburger durch ein Tor gegen Augsburg zum 2:0-Sieg. Fünf weitere Tore folgten - darunter auch der 2:1-Siegtreffer gegen seinen Ex-Club Bayern München. Für den Klassenerhalt reichte es dennoch nicht mehr. Freiburg stieg ab und Petersen ging den Gang in die zweite Liga mit - und wieder einmal mit Erfolg. Schon in Cottbus lag ihm die Zweitligaluft, nun traf er in Freiburg nach Belieben. 32 Spiele, 21 Tore und die Meisterschaft der 2.Bundesliga standen am Ende einer starken Saison. Petersen hatte sich als Aufstiegsheld nun endgültig auch in die Freiburger Fußballanalen eingetragen und erfuhr entsprechende Dankbarkeit von den Fans des SCF.
Da kam es auch nicht von ungefähr, dass Olympiatrainer Horst Hrubesch einen der zum damaligen Zeitpunkt besten deutschen Stürmer mit nach Brasilien nahm und Nils Petersen auch zu seinen Einsätzen kam. Sechs Tore in sechs Olympiapartien machten ihn gemeinsam mit Serge Gnabry zum erfolgreichsten Torschützen und zum Silbermedaillengewinner der Spiele. Die anschließende Bundesligasaison 2016/17 war für Nils und seine Freiburger dann eine echte Traumsaison - landeten die Breisgauer als Aufsteiger am Saisonende tatsächlich auf Platz 7. Mit 10 Toren in 33 Spielen war auch Nils wieder der Torgarant des SC und schoss die Mannschaft nach Europa. Zumindest fast - denn in der Europa League Quali scheiterten die Freiburger trotz 1:0-Hinspielsieg und Petersen-Tor gegen NK Domzale nach der 0:2-Rückspielpleite. Nichtsdestotrotz eine wahre Fabelsaison für die Freiburger, die an jene Spielzeit im letzten Jahr nicht mehr anknüpfen konnten. Stattdessen ging es 2017/18 für Nils und seine Mannen erneut um den Klassenerhalt und dafür übernahm Petersen auch zunehmend selbst die Verantwortung. Fast die gesamte Rückrunde führte Petersen die Freiburger als Kapitän aufs Feld und stellte sich der schwierigen Lage. Mit Doppelpacks gegen Augsburg (3:3), Dortmund (2:2) und gegen Mitkonkurrent FC Köln (3:2) sicherte Nils seiner Mannschaft wichtige Punkte im Abstiegskampf und schaffte am Ende den Klassenerhalt - zu dem er 15 Saisontore beitrug.
Im Mai 2018 wurden seine über Jahre währenden Leistungen dann auch auf höherer Ebene anerkannt und Bundestrainer Joachim Löw nominierte Petersen für den vorläufigen WM-Kader. Sein Länderspieldebüt gab Petersen im Testspiel gegen die Österreicher, in dem er als Spitze von Anfang an aufgeboten wurde und 75 Minuten durchspielte. Leider fehlten ihm in diesem Spiel die Zuspiele und auch sonst war das Spiel kein sonderlich gutes - und ging folgerichtig mit 1:2 verloren. Im zweiten Test gegen Saudi-Arabien fehlte Nils dann schon im Kader und durfte am Ende auch nicht mit zur WM. Erst nach der Weltmeisterschaft stand Petersen wieder für Deutschland auf dem Feld, wurde im Freundschaftsspiel gegen Peru in der 70. Minute eingewechselt und sorgte mit seiner Vorlage auf Nico Schulz für den 2:1-Siegtreffer.
Auch in der Bundesliga haben er und der SC Freiburg in dieser Saison wieder nur ein Ziel - so schnell wie möglich auf 40 Punkte zu kommen. In den bisherigen neun Spielen schoss Petersen zwei Tore, die beide gegen Wolfsburg und Gladbach zu 3:1-Siegen führten und die Freiburg aktuell auf Platz 11 stehen lassen.
Lieber Nils, wir danken dir für die großartige Zeit und die vielen Erinnerungen die du in Cottbus hinterlassen hast! Wir gratulieren dir herzlich zu deinem Geburtstag und wünschen dir weiterhin viele Erfolge, Siege, Gesundheit, Lebensfreude und alles erdenklich Gute!
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Quelle: FC Energie Museum Facebookseite
Da ich mich mit Facebook verlinken zu doof anstelle, kopier ich den mal rein und hoffe das ist okay:
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Wenn man über Werte im Fußball spricht, fällt oftmals das Wort "Identifikation". Spieler, die sich mit ihren Vereinen identifizieren, deren Werte sie auch nach außen hin vertreten und sich für das große Ganze im Vereinsleben interessieren und dafür einstehen. Auf Grund der vielen Transfers die heutzutage getätigt werden, ist diese Form des Zugehörigkeitsgefühls bei vielen Profis leider abhanden gekommen. Doch es gibt sie noch, die Fußballer die sich selbst nach einem Wechsel noch für die Belange ihres alten Arbeitgebers interessieren und den Weg aufmerksam weiterverfolgen. Nils Petersen ist so eine Identifikationsfigur. Der Wernigeroder kam Anfang 2009 zum FCE und entwickelte sich vom Amateurspieler zum gestandenen Zweitligakicker. Dabei überzeugte er vor allem durch seinen unglaublichen Torriecher, der die Energiefans nach dem Bundesligaabstieg wieder von Höherem träumen ließ. Wir reden dabei gar nicht nur über 35 Zweitligatore in zwei Jahren, nicht nur über den Torschützenkönig der Saison 2010/11, auch nicht über die großartigen Offensivspektakel, die Nils gemeinsam mit Emil Jula oder Jiayi Shao auf den Rasen brachte. Nils Petersen hat sich vor allem auch menschlich immer wieder als sehr ehrlicher, authentischer und sehr treuer Zeitgenosse gezeigt, dem es eben nicht egal war, was nach seinem Abschied aus Cottbus mit dem Verein passierte, der auch hinterher immer wieder zum besten gab, wie sehr er diese Stadt, die Fans und vor allem diesen Verein liebt, und wie sehr er immer noch mitfiebert. Anlässlich seines runden 30. Geburtstages lassen wir heute noch einmal Nils Petersens bisherige Karriere Revue passieren.
Nils Petersen wurde 1988 in Wernigerode im Harz geboren. In seiner Jugend wurde Petersen in seinem Geburtsort beim FC Einheit Wernigerode von 1993 bis 2001 und danach in Halberstadt beim VfB Germania fußballerisch ausgebildet. Später besuchte er das Sportgymnasium in Jena, wechselte dementsprechend Anfang 2005 zum FC Carl Zeiss Jena und setzte seinen Weg in der dortigen Jugend fort. 2007 rückte Petersen bei den Thüringern in die erste Mannschaft auf und absolvierte in der Rückrunde 2006/07 seine ersten Spiele für Jena. In der darauffolgenden Saison stellten sich die ersten Erfolge für den jungen Stürmer ein, als dieser nicht nur 20 Spiele in der 2. Bundesliga absolvierte, sondern auch seine ersten Profiligatore schoss (insgesamt vier). Zudem spielte sich der Zweitligist auch dank eines Petersen-Tores gegen Achtelfinalist Bielefeld bis ins DFB-Pokalhalbfinale gegen Borussia Dortmund, wo man jedoch den Borussen unterlag. Nachdem Jena in der Liga nicht zu überzeugen wusste, musste der Club am Saisonende den Abstieg hinnehmen. Petersen absolvierte noch 17 Drittligaspiele, konnte dabei jedoch keinen Treffer mehr markieren und wechselte schließlich im Winter 2008/09 zu Energie Cottbus.
Der perspektivisch sinnvolle Wechsel zum Noch-Bundesligisten sollte sich in der Folge für Petersen mehr als auszahlen. Anfangs sollte sich der Angreifer über die zweite Mannschaft Spielpraxis holen und für höhere Aufgaben empfehlen. Dies tat Nils in 13 Spielen für die Regionalligamannschaft des FCE und erzielte dabei fünf Tore. Als es zum Saisonende für die Profimannschaft noch mal eng wurde, wurde Petersen an den letzten beiden Spieltagen für den 18er-Kader nominiert und kam am letzten Spieltag gegen Bayer Leverkusen kurz vor Schluss noch zu einigen Einsatzminuten. Cottbus konnte sich dank eines 3:0-Sieges gegen die Bayer-Elf in die neu eingeführte Relegation retten. Im Hinspiel gegen den 1. FC Nürnberg saß Petersen dabei noch auf der Bank, im Rückspiel brachte ihn Prasnikar dann auch auf Grund der aussichtslosen Ausgangslage nach dem 0:3-Hinspiel-Desaster von Beginn an. Nach dem Abstieg der Lausitzer sollte Petersens Stern in der zweiten Liga aufgehen.
Unter dem neuen Trainer Claus-Dieter Wollitz wurde der Umbruch eingeleitet, im Zuge dessen viele bekannte deutsche Spieler verpflichtet wurden. Der Verein sorgte außerdem auch für eine Rückkehr des ehemaligen Topstürmers Sergiu Radu. Der Rumäne erhielt anfangs schon auf Grund seiner Erfahrung neben Emil Jula den Vorzug vor Nils Petersen. Nils blieb vorerst nur die Rolle des Jokers, welche er bis zum 7.Spieltag ausfüllte, anschließend jedoch mehrere Wochen wegen eines Meniskusschadens pausieren musste. Kurz vor der Winterpause erzielte Petersen in der Schneeschlacht von Ahlen beim 4:0-Auswärtserfolg in der Schlussminute nach Vorlage Julas seinen ersten Treffer für Energie. Jula und Petersen - das sollte auch zukünftig DAS Sturmduo der zweiten Liga werden. Denn schon in der Rückrunde war an Petersen kaum noch vorbeizukommen. Spätestens ab Februar 2010, nach seinem Tor in Koblenz (1:1) wusste Wollitz, dass Nils den Vorzug vor Radu bekommen musste. So traf der Angreifer noch beim 2:0-Sieg in Karlsruhe, schnürte je einen Doppelpack gegen Aachen (3:1) und Union (4:2) und sorgte mit seinem Treffer bei 1860 für einen 2:1-Auswärtssieg an Ostern. Insgesamt zehn Tore in 22 Spielen gelangen dem technisch beschlagenen und sehr schnellen Stürmer für Energie in seiner ersten Saison. Leider reichte es für Energie am Ende nur zu Platz 9, was jedoch wegen des Umbruchs und der Findungsphase nicht allzu groß verwunderte.
Besser lief es da für die Mannschaft im darauffolgenden Jahr. 2010/11 gestaltete sich das Spiel des FCE als reines Offensivfeuerwerk, an dem Nils Petersen seinen ganz großen Anteil hatte. 65 Tore erzielte die spielstarke Mannschaft von Pele Wollitz, wovon Petersen alleine mehr als ein Drittel selbst erzielte. Mit 25 Toren wurde Petersen souveräner Torschützenkönig der 2. Bundesliga und bereitete außerdem noch sieben Tore vor - Werte eines absoluten Topspielers. Die Fans liebten Nils dafür, dass er trotz seines Erfolges keine Höhenflüge bekam, stets auf dem Boden blieb und das tat, was er am besten konnte: richtig stehen und den Ball im Netz versenken. Den Torriecher den Petersen in dieser Saison an den Tag legte, war einzigartig und sicherte dem Team Sieg um Sieg. Am beeindruckensten war dabei sicherlich sein Viererpack in Paderborn, der den FCE am Ende mit 5:0 auf die Siegerstraße brachte. An jedem zweiten Tor war Nils zudem direkt beteiligt, und sorgte unter anderem mit einem Doppelpack beim Wahnsinns-5:5 gegen den Karlsruher SC für ein sensationelles Spiel. Auch in den DFB-Pokalspielen wäre ein Vordringen bis ins Halbfinale ohne Nils Petersen unmöglich gewesen. So sorgte er beispielsweise bei einem der besten Auswärtsauftritte der letzten Jahre beim 3:1-Achtelfinalsieg in Wolfsburg mit einer Gala-Vorstellung (zwei Tore und eine Vorlage) für eine Sensation. Auch im Halbfinale in Duisburg war Petersen Torschütze, konnte aber an der 1:2-Niederlage gegen den MSV nichts mehr drehen.
Natürlich weckt so eine Wahnsinnsaison Begehrlichkeiten. Petersen wurde nun von der halben Bundesliga gejagt, die sich alle die Dienste des treffsicheren, jungen, deutschen Stürmers sichern wollten. Bereits zur Winterpause hatte er das ein oder andere lukrative Angebot auf dem Tisch, denen er allesamt jedoch eine Absage erteilte, da er seine sportliche Entwicklung in Cottbus nicht mitten in der Saison unterbrechen wollte. Im Februar 2011 setzte er zudem ein Zeichen und verlängerte seinen Vertrag beim FC Energie um weitere zwei Jahre bis zum Juni 2014. Natürlich war dies auch ein Bekenntnis zum Verein, welches die Dankbarkeit und Loyalität Petersens zeigte, der nun selbst im Falle eines Wechsels Energie mit seiner Ablösesumme weiterhelfen würde. Als die ersten Gerüchte aufkamen, dass Bayern München an Nils Petersen interessiert sei, konnte der Stürmer jedoch kaum anders als dem Rekordmeister seine Zusage zu geben. Nicht unbedingt des Geldes wegen - schon allein weil die Entwicklungsmöglichkeiten beim FC Bayern ganz andere sind als in Cottbus. Petersen verabschiedete sich beim 3:1-Sieg am letzten Spieltag gegen Oberhausen noch standesgemäß mit einem Tor von den Energiefans, die ihn ohnehin schon lange ins Herz geschlossen hatten. Dem zweifachen Energiefußballer des Jahres von 2010 und 2011 wurde fünf Jahre nach seinem Wechsel zum FCB noch die Ehre zuteil, von den Fans in die Energieelf aus 50 Jahren Energie Cottbus gewählt zu werden. Ein Dankeschön der Fans, die Nils auch später nie vergessen sollte.
Eine Anekdote beweist dies sehr vortrefflich. Jupp Heynckes und die Bayernbosse luden die Neuzugänge zu einem Essen ein. Zeitgleich spielte jedoch Cottbus zum Auftakt gegen Dynamo Dresden. Nils war natürlich nach wie vor interessiert am Auftreten seiner alten Kollegen und ließ unter dem Tisch den Liveticker laufen. Als die Bayernbosse dies bemerkten, wollten sie selber wissen, wie es denn in Cottbus stünde und fragten desöfteren mal nach. Cottbus gewann mit 2:1 und Petersen hätte am liebsten selber mitgespielt, wie er später zugab. Auch weitaus später zeigte sich Petersens Verbundenheit mit Cottbus noch des öfteren. So appelierte er in der schwierigen Zeit des drohenden Abstieges per Videobotschaft an den Verein und die Fans und wünschte viel Glück im schwierigen Kampf um den Klassenverbleib. Bemerkenswert sicherlich auch, dass er Jahre nach seinem Wechsel aus Cottbus beim A-Junioren-Pokalfinale zwischen Hertha und Energie 2015 als Zuschauer im Energieblock saß. Cottbus spielt für "Peddo" auch nach wie vor eine wichtige Rolle, wie er immer wieder stets betont.
Für ihn eröffnete sich allerdings nun eine neue Welt beim FC Bayern. Zwischen den vielen Stars, Natioalspielern und Weltklassefußballern galt es sich durchzubeißen und Erfahrungen zu sammeln. Dies gestaltete sich jedoch nicht ganz so einfach. Zwar konnte er beispielsweise im Pokalzweitrundenspiel gegen Ingolstadt (6:0) zweifach treffen und wurde auch in der Bundesliga hin und wieder eingewechselt, zum Stammspieler reichte es für Petersen allerdings nicht. Zwei Bundesligatore in neun Spielen waren für ihn dennoch ein tolles Erlebnis. So traf er beim 7:0-Kantersieg über den SC Freiburg und erzielte eine Woche später als alleinige Spitze im Startelfdebüt auf Schalke den 1:0-Führungstreffer. Lediglich einen weiteren Startelfeinsatz gegen Werder Bremen konnte er für sich verbuchen. Auch drei Champions League-Einsätze gegen Manchester City (2x) und Villareal sprangen für Petersen heraus. Nach einem Jahr verließ er jedoch die Säbener Straße und versuchte sich bei Werder Bremen - vorerst auf Leihbasis, später dann als fest verpflichteter Spieler.
In Bremen bauten viele ihre Hoffnungen auf den neuen Stürmer. Werder hatte das ein oder andere Offensivproblem, welches Petersen zugute kam und er sich so schon recht früh einen Stammplatz erarbeiten konnte. Schon am zweiten Spieltag der Saison 2012/13 spielte er sich in die Herzen der Bremer Fanschar, als er beim 2:0 über den ewigen Rivalen Hamburger SV ein Tor schoss und eines vorbereitete. Der Derbyheld kämpfte sich anschließend durch die Saison, musste sich viele Bälle selber erarbeiten und litt etwas unter den spärlichen Vorlagen seiner Kollegen. Es dauerte einige Spieltage bis Petersen erneut einnetzen konnte - dann lief es allerdings besser. Insgesamt elf Tore und sechs Vorlagen waren für seine erste Saison als Stammspieler einer Bundesligamannschaft mehr als beachtlich. Auch die Fans in Bremen mochten ihren Nils und hatten Nachsicht, wenn nicht gleich alles klappte. In einer Saison, in der es für Bremen ohnehin nur um den Klassenerhalt ging, war kaum Zeit sich spielerisch zu entwickeln. Da war Fußball in erster Linie Arbeit und von Effektivität geprägt und von Resultaten abhängig. Auch 2013/14 landeten die Bremer mit Rang 9 nur im Mittelfeld und Petersen konnte in 28 Spielen nur noch sieben Mal treffen. Nachdem er 2014/15 keinen Stammplatz mehr hatte und nun auch öfter aus dem 18er-Kader gestrichen wurde, entschloss sich Petersen zu einem Winterpausenwechsel zum SC Freiburg.
Freiburg erhoffte sich durch Petersen noch einmal frischen Schwung für die Rückrunde, in der es nur darum ging, den drohenden Abstieg irgendwie noch abzuwenden. Und Petersen und Freiburg - das schien auf Anhieb zu funktionieren. Schon im ersten Spiel für die Breisgauer erzielte Petersen gleich drei Tore gegen die Frankfurter Eintracht und war der gefeierte Mann. Ein Außenbandriss stoppte ihn und seine neu entfachte Aufbruchstimmung dann jedoch für einige Wochen. Erst am 26. Spieltag kam er zurück aufs Feld und schoss die Freiburger durch ein Tor gegen Augsburg zum 2:0-Sieg. Fünf weitere Tore folgten - darunter auch der 2:1-Siegtreffer gegen seinen Ex-Club Bayern München. Für den Klassenerhalt reichte es dennoch nicht mehr. Freiburg stieg ab und Petersen ging den Gang in die zweite Liga mit - und wieder einmal mit Erfolg. Schon in Cottbus lag ihm die Zweitligaluft, nun traf er in Freiburg nach Belieben. 32 Spiele, 21 Tore und die Meisterschaft der 2.Bundesliga standen am Ende einer starken Saison. Petersen hatte sich als Aufstiegsheld nun endgültig auch in die Freiburger Fußballanalen eingetragen und erfuhr entsprechende Dankbarkeit von den Fans des SCF.
Da kam es auch nicht von ungefähr, dass Olympiatrainer Horst Hrubesch einen der zum damaligen Zeitpunkt besten deutschen Stürmer mit nach Brasilien nahm und Nils Petersen auch zu seinen Einsätzen kam. Sechs Tore in sechs Olympiapartien machten ihn gemeinsam mit Serge Gnabry zum erfolgreichsten Torschützen und zum Silbermedaillengewinner der Spiele. Die anschließende Bundesligasaison 2016/17 war für Nils und seine Freiburger dann eine echte Traumsaison - landeten die Breisgauer als Aufsteiger am Saisonende tatsächlich auf Platz 7. Mit 10 Toren in 33 Spielen war auch Nils wieder der Torgarant des SC und schoss die Mannschaft nach Europa. Zumindest fast - denn in der Europa League Quali scheiterten die Freiburger trotz 1:0-Hinspielsieg und Petersen-Tor gegen NK Domzale nach der 0:2-Rückspielpleite. Nichtsdestotrotz eine wahre Fabelsaison für die Freiburger, die an jene Spielzeit im letzten Jahr nicht mehr anknüpfen konnten. Stattdessen ging es 2017/18 für Nils und seine Mannen erneut um den Klassenerhalt und dafür übernahm Petersen auch zunehmend selbst die Verantwortung. Fast die gesamte Rückrunde führte Petersen die Freiburger als Kapitän aufs Feld und stellte sich der schwierigen Lage. Mit Doppelpacks gegen Augsburg (3:3), Dortmund (2:2) und gegen Mitkonkurrent FC Köln (3:2) sicherte Nils seiner Mannschaft wichtige Punkte im Abstiegskampf und schaffte am Ende den Klassenerhalt - zu dem er 15 Saisontore beitrug.
Im Mai 2018 wurden seine über Jahre währenden Leistungen dann auch auf höherer Ebene anerkannt und Bundestrainer Joachim Löw nominierte Petersen für den vorläufigen WM-Kader. Sein Länderspieldebüt gab Petersen im Testspiel gegen die Österreicher, in dem er als Spitze von Anfang an aufgeboten wurde und 75 Minuten durchspielte. Leider fehlten ihm in diesem Spiel die Zuspiele und auch sonst war das Spiel kein sonderlich gutes - und ging folgerichtig mit 1:2 verloren. Im zweiten Test gegen Saudi-Arabien fehlte Nils dann schon im Kader und durfte am Ende auch nicht mit zur WM. Erst nach der Weltmeisterschaft stand Petersen wieder für Deutschland auf dem Feld, wurde im Freundschaftsspiel gegen Peru in der 70. Minute eingewechselt und sorgte mit seiner Vorlage auf Nico Schulz für den 2:1-Siegtreffer.
Auch in der Bundesliga haben er und der SC Freiburg in dieser Saison wieder nur ein Ziel - so schnell wie möglich auf 40 Punkte zu kommen. In den bisherigen neun Spielen schoss Petersen zwei Tore, die beide gegen Wolfsburg und Gladbach zu 3:1-Siegen führten und die Freiburg aktuell auf Platz 11 stehen lassen.
Lieber Nils, wir danken dir für die großartige Zeit und die vielen Erinnerungen die du in Cottbus hinterlassen hast! Wir gratulieren dir herzlich zu deinem Geburtstag und wünschen dir weiterhin viele Erfolge, Siege, Gesundheit, Lebensfreude und alles erdenklich Gute!
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Quelle: FC Energie Museum Facebookseite